WWF fürchtet um den Hering
flo 8. Juni 2006
Die Umweltorganisation WWF fordert eine Verträglichkeitsstudie für die geplante Gas-Pipeline durch die Ostsee. Wolle man übliche Standards einhalten, könne frühestens 2010 gebaut werden.
Schwerin (OZ) Als unrealistisch hat die Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) den Baubeginn für die geplante 1200 Kilometer lange Ostsee-Pipeline des russisch-deutschen Betreiberkonsortiums „Gazprom” bezeichnet. Wolle man die Umweltrichtlinien einhalten, die bei vergleichbaren Baumaßnahmen in der Ostsee gefordert werden, könne der Bau „kaum vor 2010” beginnen, sagte der WWF-Ostsee-Experte Jochen Lamp. Der für 2008 angekündigte Baubeginn lasse sich nicht halten. Bei der Neuanlage oder Vertiefung von Fahrrinnen oder dem Bau von Windparks seien umfangreiche Studien gefordert. Diese Standards müssten auch für den Bau der Pipeline gelten, fordert der WWF.
Große Gefahr sieht Lamp unter anderem für die Seegraswiesen im Greifswalder Bodden. Hier sei geplant, zwei Gasröhren mit einem zeitlichen Abstand von zwei Jahren zu verlegen. Dadurch werde der Lebensraum im Bodden in kurzen Zeitabständen zwei Mal gestört, sagte Lamp. Nach bisherigen Informationen des WWF soll die Pipeline hier in einem 15 Meter breiten und vier Meter tiefen Graben verlegt werden. Dabei müssten drei Millionen Kubikmeter Meeresboden „komplett umgepflügt” werden. Das würde die Seegrasbestände und damit das Laichgebiet von Hering und Homhecht möglicherweise über Jahre beeinträchtigen.
„Solche Arbeiten haben ähnlichen Umfang wie die Vertiefung eines Fahrwassers”, verdeutlichte Lamp. Dafür seien jedoch umfangreiche Studien vorgeschrieben. Außerdem würden langwierige Raumordnungsverfahren geführt, um die Auswirkungen, wenn sich etwa verschiedene Trassen kreuzten, zu erkennen. Darauf solle offenbar verzichtet werden, ungeachtet möglicher Risiken.
Insgesamt würde in der Ostsee eine Fläche von 3000 Hektar bearbeitet. Für die Pipeline, die bis Lubmin führen soll, müssten Schluchten aufgefüllt und Hügel eingeebnet werden, erklärte Lamp. Vor Umweltgefahren warnt der WWF daher auch im Trassenverlauf in russischen und finnischen Gewässern. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Bau der Gasleitung”, so Lamp. „Wir wollen aber vorher wissen, was auf Flora und Fauna der Ostsee zukommt.”
Von KLAUS WALTER – Ostseezeitung
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