Abenteuer in der Wildnis Rügen

4. September 2006

Einmalig in Deutschland: Ranger locken Urlauber mit Expeditionen in unberührte Natur.

Göhren (OZ) Lars schaut durch das Binokular: „Wow, der ist ja riesig!“ Hinter dem Lupenglas sieht der winzige, Flohkrebs, den der Fünfjährige aus dem Wasser gekeschert hat, auf einmal ganz anders aus. „Der hat ja Beine und Antennen“, sagt Lars und reicht das Plastikglas weiter. Der Fund macht die Runde durch Dutzende Kinderhände.

Seit einer Stunde erforscht die Schar mit Ranger Norbert die Steilküste am Strand von Göhren auf Rügen. Der 28-Jährige erklärt komplizierte Sachen mit einfachen Worten. Die Ostsee sei ein bisschen wie Lakritze, sagt er. Die sei auch süß und salzig zugleich. „Und deshalb können in unserem Meer auch Fische leben, die es sonst nur in Flüssen und Seen gibt. Kennt Ihr welche?“ Wie im Unterricht schnellen die Fingerchen in die Höhe: Hechte, Plötzen, Aale. Der Ökologe aus Berlin, der für sechs Wochen im Auftrag des AVR-Family-Clubs (Appartement Vermittlung Rügen) Göhren unterwegs ist, hat auf jede Frage eine Antwort. Zum Schluss verteilt er einen Junior-Ranger-Pass.

Begeistert kehrt die Kinderschar zwei Stunden später in das Beach Camp zurück. Dort hat schon die nächste Veranstaltung begonnen. Die Ranger Claudia und Jens haben Holzbrettchen, Draht, Gips und Holzspäne mitgebracht. „Daraus basteln wir Nisthilfen für Rauch- und Mehlschwalben“, erklärt Jens. Später werden die Bauten an ausgewählten Gebäuden im Biosphärenreservat Südost-Rügen angebracht.

Familie Funke aus Niedersachsen ist Stammgast in Göhren. „Wir sind zum vierten Male hier und finden die Naturabenteuer-Angebote hervorragend“, sagt Vater Jörg. Ob Bastelnachmittage für die Kinder, Erkundungen mit Experten, Abenteuer-Ausflüge oder die Beobachtungen selten gewordener Uferschwalben – das Programm halte für jede Altersgruppe etwas bereit. Die Idee treffe ganz offenbar den Nerv vieler Gäste, die mehr wollten als Strandurlaub, sagt Nadine Förster. Die 27-jährige Rüganerin ist Chefin des Family Clubs. Die Tourismusmanagerin entwarf das Konzept für die in Deutschland einzigartige Kombination von Urlaub, Naturtourismus und Umweltschutz. Begleitet von Wissenschaftlern, Experten und Studenten aus aller Welt erleben die Gäste nun in Rügens „Bädereck“ Ausflüge in die weitgehend intakte Wildnis auf Deutschlands größter Insel.

Zum Beispiel eine Seepatrouille mit dem Kutter „Seedüwel“: Familie Funke hat sich entschieden, ihren nächsten Urlaubstag der Vogelwelt auf der Having zu widmen. Im Hafen von Seedorf wird die Familie an Bord von den Rangern Katharina und John begrüßt. Dann steuert Kapitän Mario Schmidt den fast 70 Jahre alten Zweimaster hinaus. Im Auftrag der Umweltstiftung WWF kreuzt der „Seedüwel“ durch das Vogelschutzgebiet. An Bord suchen Marie (8) und Julia (9) mit Fernrohren die Wasserfläche nach Fischadlern, Höckerschwänen, Silbermöwen und Kormoranen ab, während Mutter Petra das Sichtungsprotokoll ausfüllt. Jeder Fund wird registriert. Die Ergebnisse des Having-Monitorings sollen dem WWF zur Verfügung gestellt werden, deren Ornithologen aus den Daten Rückschlüsse auf das Verhalten und die Reaktionen der Küstenvögel ziehen wollen.

2005 hatten 3500 Urlauber die Umweltprojekte des Family-Clubs getestet, sagt der Geschäftsführer der AVR-Ferienanlagen Rügen, Georg Heissler. In diesem Jahr werden doppelt so viel erwartet. Nun werde geprüft, das nur für AVR-Gäste bestimmte Repertoire allen nach Göhren kommenden Urlaubern zugänglich zu machen. Ranger und Animateure konnten aus 25 Nationen wie Kanada, Spanien, Australien und Namibia gewonnen werden.

Quelle: Ostseezeitung 04.09.2006

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