Monatsarchiv für Juni 2022

Wer ist die schärfste Pflanze auf der Düne?

30. Juni 2022

Heute präsentierten sich mehrere Pflanzen in den ausgefallensten Kleidern auf dem Laufsteg Düne. In den schärfsten Outfits zeigen sich Meersenf und Mauerpfeffer. Während der Meersenf auf ein dezentes Rosa setzt, erscheint der Mauerpfeffer im modernen Gelb. Beide folgen dem Trend der Dünenpflanzen: die Laubblätter sind dicklich fleischig mit Neigung zur Sukkulenz. Salzverträglich leben ist angesagt! Wasserverlust und -knappheit ein absolutes „No go“, deshalb haben beide Kandidaten ein weitreichendes Wurzelnetz. Auch in der Kategorie „trickreiche Verbreitung“ können beide Teilnehmer punkten. Der Mauerpfeffer lässt sich von beutesuchenden Vögeln an neue Standorte katapultieren oder seilt sich in Hanglage todesmutig in unentdeckte Gefilde ab. Im Gegensatz dazu kooperiert der Meersenf mit den Herbststürmen – diese reißen entweder den oberen Teil der Frucht ab und lassen ihn in der Nähe liegen oder sie lösen geradewegs die gesamte Pflanze vom Boden und treiben sie als Steppenroller über den Strand. Manchmal geht es dann sogar per „Wassertransport“ in neue Regionen. Welche Pflanze wirklich schärfer ist, ist Ansichtssache. Der Meersenf kann mit seinem scharfen, senfartigen Geschmack und viel Vitamin C sowohl im gekochten, als auch im rohen Zustand überzeugen. Der Mauerpfeffer ist hingegen mit Vorsicht zu genießen. Zwar wurde er schon zu frühen Zeiten als Salatgewürz und Heilpflanze verwendet, allerdings enthält er leichte Giftstoffe. Menschen mit einem empfindlichen Magen sollten es nicht mit dem scharfen Mauerpfeffer aufnehmen. Nicht, dass sie noch eine „gepfeffert“ kriegen.

Ihre Bestellung bitte?

21. Juni 2022

Heute krabbelte mir rund um Göhren einiges über die Füße. Den Anfang machte ein Käfer, der mich stark an einen Hirschkäfer erinnerte. Aber irgendetwas stimmte nicht: die Klauen waren zu klein, die Körperform untypisch. Ein Blick in das Bestimmungsbuch verriet, es war ein Balkenschröter, der im Volksmund oft „kleiner Hirschkäfer“ genannt wird. So verkehrt lag ich also nicht. Hirschkäfer und Balkenschröter stammen aus der Familie der Schröter und haben eine ähnlich Lebensweise. Die Larven wachsen für 2-3 Jahre im Totholz und ernähren sich davon. Die Erwachsen Käfer bleiben den Bäumen loyal, denn im höheren Alter genießt der Balkenschröter die Säfte der Bäume. Besonders die Geschmacksrichtungen Eiche und Rotbuche sind beliebt.

Als guten Drink bezeichnet das Kleine Wiesenvögelchen hingegen wohl eher den süßen Nektar von Thymian oder Acker-Witwenblume. Das Kleine Wiesenvögelchen ist kein Vogel, der sich an Blumen verköstigt, sondern ein Schmetterling. Dieser lebt in offnen Lebensräumen wie Wiesen, Weiden, Ruderalflächen etc. Besonders große männliche Kleine Wiesenvögelchen verteidigen dort ihr Revier mit den sich darin befindlichen leckersten und besten Futterpflanzen. Zwischen Februar bis November können wir das kleine Wiesenvöglein in meistens 2-3 Generationen fliegen sehen. Einfach schön!

Acker-Wachtel…Was?

17. Juni 2022

Acker-Wachtelweizen! Versuch einmal, das 10-mal schnell hintereinander zu sagen. Das ist ein richtiger Zungenbrecher! Gleich drei Vertreter der Gattung Wachtelweizen traf ich heute auf meiner Wanderung durch das Mönchgut. Die farbenfrohen Halbschmarotzer sind kaum zu übersehen. Der botanische Gattungsname Melampyrum leitet sich von den griechischen Wörtern melas für „schwarz“, pyros für „Weizen“ ab. Denn, wenn sich früher Wachtelweizensamen, die ähnlich aussehen wie Weizenkörner, in das geerntete Korn schummelten, konnte das zu Mehlvergiftung und Schwarzfärbung des Brotes führen. In den deutschen Namen mogelte sich zusätzlich die Wachtel, da damals außerdem geglaubt wurde, die Wachtel würde die dunklen Samen gerne verspeisen. Auf den Zickerschen Bergen gibt es Acker, Wachtel und Acker-Wachtelweizen! Eigentlich ist die Art nur im Süden Deutschlands verbreitet – welch ein Glück, dass wir dem Acker-Wachtelweizen dennoch ein Zuhause bieten können. In der Roten Liste der Gefäßpflanzen MV ist die Pflanze als stark gefährdet gestuft. 

Ihr Bruder der Hain-Wachtelweizen steht hingegen „nur“ auf der Vorwarnliste. Besonders beim Hain-Wachtelweizen, der im Wald des Göhrener Höfts zu finden ist, sticht der Farbkontrast zwischen den violett-blauen Hochblättern und den gelben Blüten ins Auge. Ein zusätzlicher Trick um Bestäuber anzulocken. Um bei der Verbreitung auf Nummer sicher zu gehen, bildet der Hain-Wachtelweizen einen fleischigen Anhang an seinen Samen. Dieser wird gern von Ameisen verzehrt, die dann den ganzen Samen fort tragen und an einem für den Hain-Wachtelweizen günstigen Ort zum keimen ablegen. 

Diesen Kniff tut ihm der Wald-Wachtelweizen gleich. Anders als seine Brüder ist er nicht gefährdet und hat keine schön gefärbten Hochblätter. Bei der Ernährung lassen sich die Geschwister, etwas besonders einfallen: mit den Wurzeln bohren sie benachbarte Gräser an, um ihnen so Wasser und Nährstoffe zu entziehen. Während der Wald-Wachtelweizen die Wurzeln der Blaubeere in der Baaber Heide bevorzugt, zapft der Hain-Wachtelweizen gelegentlich Gehölze an. Um extraviel abzweigen zu können, ist die Transpirationsrate des Hain-Wachtelweizens besonders hoch. Das heißt, die Saugkraft wird maximiert. Die Pflanzenwelt steckt voller Tricks und Ideen! 

Wer ist hier gefährlich?

8. Juni 2022

„Achtung! Achtung! Ich bin nicht zum Verzehr geeignet! Ich wiederhole, ich bin nicht zum Verzehr geeignet!“ So oder so ähnlich warnte mich der Gemeine Widderbock, damit ich ihn nicht verspeise. Dabei hatte ich das gar nicht vor. Für andere Fressfeinde ist das schwarz-gelbe Kleid jedoch eine eindeutige Botschaft. Der Gemeine Widderbock ahmt nämlich das Warnsignal der Wespen nach, denn so wirklich gefährlich wird der Widderbock – auch Wespenbock genannt – nicht. Ziemlich raffinierte Abschreckungstaktik! Und anscheinend wirkt sie ganz gut. Der Gemeine Widderbock kommt überall in Deutschland vor und ist dabei nicht selten. Dieses Exemplar hier trieb sich auf den Bürgersteigen Göhrens herum, als ich zu einer Wanderung aufbrechen wollte. Am wohlsten fühlen sich die Käfer jedoch auf Doldenblütlern, Weißdorn und an Totholz von Laubbäumen. Die Larven entwickeln sich anfangs zwischen Borke und Holz und fressen sich dann immer tiefer ins Holz hinein. Ganze zwei Jahre geht das so bis sie endlich Erwachsen sind.

Zwar nicht in einen gelb-schwarzen Mantel gehüllt, aber ebenfalls kaum zu übersehen ist der Violette Ölkäfer, auch Blauer Maiwurm genannt. Der Hinterleib dieser flugunfähigen Käfer ist so groß, dass die verkürzten Flügeldecken ihn kaum bedecken. Innerhalb des Hinterleibes können sich im Extremfall bis zu 10.000 Eier befinden! Ihren Nachwuchs und ihr Leben verteidigen die Ölkäfer mit Hilfe eines Giftes, das sie aus Poren an ihren Beingelenken austreten lassen können. Ebendort bilden sich oftmals „Öltröpfchen“, denen der Käfer seinen Namen verdankt. Diesen „Öltröpfchen“ will mensch nicht zu nahe kommen! Das Gift Cantharidin wirkt so stark, dass es früher in der Medizin und für Giftmorde verwendet wurde. Aber nicht nur das Gift macht den Violetten Ölkäfer interessant. Sein Leben ist äußerst ereignisreich. Das Dasein des Käfers beginnt als Ei im Boden in Gegenwart mehrerer tausend Geschwister. Als Larven verlassen diese den Boden und erklimmen die Blütenstände. Dort warten sie auf verschiedene Wildbienenarten, die sie gefälligst mit zu ihrem neuen Zuhause nehmen sollen! Das klappt nicht immer. Die Verlustraten sind hoch. Falls eine geeignete Wildbiene vorbei kommt wird sich wagemutig an deren Bein festgeklammert, um sich zu ihrem Nest transportieren zu lassen. Dort angekommen fressen die Käferlarven die gesamte Vorratskammer samt Larve der Solitärbiene auf und verpuppen sich. Zwischen März bis Mai des nächsten Jahres schlüpft dann der fertige „Maiwurm“. Einige davon sind gerade am Waldrand des Göhrener Höfts in Höhe des alten Postweges nach Middelhagen unterwegs. 

Gelb, gelb, gelb sind alle meine Kleider

1. Juni 2022

Gelb, gelb, gelb ist alles, was ich seh’…

Ob Federkleid oder Blütenkleid, auf der heutigen Wanderung durch das Mönchgut sprang mir die Farbe etliche Male ins Auge. Den Anfang machte der Besenginster, der sich auf dem Fliegerberg in voller Blütenpracht zeigte. Obwohl der Besenginster das Monem „-ginster“ in sich trägt, gehört er nicht zur Gattung Ginster, sondern zum Geißklee. Der Rest des Namens führt uns nicht in die Irre. Aus den Zweigen des Strauches wurden früher tatsächlich Besen gefertigt. Hasen und Rehwild nutzen die Besenheide aber nicht zum fegen, sie „verputzen“ stattdessen die Sprosse der Pflanze ungeachtet der giftigen Alkaloide. Auch 57 Schmetterlingsarten laben sich an dem Grün und nutzen es als Raupenfutter. Für Hummeln und mehrere Wildbienenarten sind hingegen die Blüten interessanter. Übrigens… wenn Sie sich mehr Biodiversität im eigenen Garten wünschen, ist der Besenginster ein guter Verbündeter!

Am Fuße des Besenginsters öffnet täglich das Mausohr-Habichtskraut von 8:00 – 15.00 seine gelben Blüten. Allerdings wirkt die kleine Rosettenpflanze nur für uns Menschen gelb. Für ihre Bestäuber, zum Beispiel die Zottelbiene, erscheint die Blüte zweifarbig. Der Grund hierfür findet sich in den Randbereichen der Blüten, die im Gegensatz zum Rest des Blütenkorbes UV-Licht reflektieren. Die Schirmchenflieger, die sich im Anschluss mit der Samenbildung in der Blüte entwickeln, können bis zu 10 km weit fliegen! Unglaublich, oder? Verwendung findet das kleine Habichtskraut u.a. als Augenarznei, was dem Kraut seinen Namen einhandelte. Der Sage nach sollen Habichte mit dem Milchsaft der Pflanze ihre Augen schärfen. Auch die Enden der Zungenblüten erinnern an Habichtsschwingen. 

Ganz anders kam der Große Klappertopf zu seinem Namen, der mir am Fuße des Schafberges und den angrenzenden Feuchtwiesen ins Auge stach. Die lockeren, reifen Früchte klappern bei Wind auffallend laut im Blütenkelch bzw. „-topf“ der Pflanze. Jetzt blüht der Halbschmarotzer jedoch noch zitronengelb und wird, wie der Besenginster, überwiegend von Hummeln bestäubt. Klappertopfarten zapfen mit speziellen Wurzeln (Haustorien) die Wurzelsysteme benachbarter Pflanzen an und entnehmen dort hauptsächlich größere Mengen Wasser. Landwirte tauften die Klappertöpfe deshalb auf die Namen „Milchdieb“ oder „Milchschelm“, da Gräser in ihrer Nähe weniger gut gedeihen. Trotz seiner raffinierten Lebensweise ist der Große Klappertopf in Deutschland inzwischen selten geworden und steht auf der Roten Liste der bedrohten Blütenpflanzen.

Etwas abseits des Großen Klappertopfes auf dem Schafberg steht die Weiße Schwalbenwurz, deren Blüten heute gelblichweiß dreinschauen. Die Weiße Schwalbenwurz ist die einzige heimische Vertreterin der Seidenpflanzengewächse, die ansonsten größtenteils in den Tropen zu finden sind. Auch ihre Blüte hat eine Besonderheit! Sie versprüht einen fischartigen Geruch, durch den besonders Fliegen angezogen werden. Machen diese bei ihren Besuch eine falschen Schritt, gehen sie in die „Klemmfalle“. Beim Versuch sich zu befreien wird der Klemmkörper mitsamt den daran fixierten Pollen herausgezogen. Eine raffinierte Art, sich die Blüten bestäuben zu lassen! 

Für den letzten gelben Farbklecks auf der Wanderung sorgte die Schafstelze, die heute in unseren offenen Kulturlandschaften beheimatet ist, da ihr ursprünglicher Lebensraum, die Feuchtwiesen, immer mehr verschwindet. Damals wie heute macht sie auf dem Mönchsgut ihrem Namen alle Ehre und „stelzt“ auf der Suche nach Nahrung den Weidetieren nach.